Welche Funktion haben die Klavierpedale?

6 Min. Lesezeit
„Was machen die Pedale am Klavier?“ Diese Frage hast du dir beim Spielen sicher schon gestellt. Jedes Pedal verändert den Klang auf seine eigene Weise – aber wie genau funktioniert das, und warum?
Klavier Pedale
Erfahre, was im Inneren deines Klaviers passiert, wenn du die Pedale betätigst, und wie du sie gezielt für dein Spiel nutzen kannst. Am Ende des Beitrags findest du 4 Tipps für den richtigen Pedaleinsatz.
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Die Antwort gleich vorneweg: Die Pedale am Klavier verändern den Klang und haben verschiedene Funktionen. Ein Pedal hält den Ton, eines dämpft und ein Pedal verlängert bestimmte Töne.

Pedale und ihre Funktion am Klavier

Hast du schon einmal unter den Deckel eines Klaviers geschaut, während du eine Taste anschlägst? Probiere es aus – einmal mit gedrücktem rechten Pedal und einmal ohne.

Du wirst sehen, wie ein Hammer auf mehrere Saiten fällt, die in der gleichen Tonhöhe gestimmt sind. In den tiefen Lagen sind es meist zwei dicke, in den höheren drei dünnere Saiten pro Taste. Wenn der Hammer die Saiten anschlägt, hebt sich ein Filzdämpfer kurz an. Sobald du die Taste loslässt, kehrt der Dämpfer zurück und stoppt den Klang.

Die Pedale greifen genau in diesen Mechanismus ein. Das rechte und wichtigste Pedal, auch Forte-Pedal oder Sustain-Pedal genannt, hebt die Dämpfer von den Saiten, sodass der Ton länger nachklingen kann – selbst wenn du die Taste loslässt.

Klavier Pedale

Das Forte-Pedal (Sustain-Pedal, Dämpferpedal)

Das Forte- oder Sustain-Pedal befindet sich – sofern dein Klavier mehrere Pedale hat – immer ganz rechts. Es hat drei verschiedene Bezeichnungen, je nachdem, welchen Aspekt man betont:

  • Forte-Pedal – weil es das Klavierspiel klanglich verstärkt.
  • Sustain-Pedal – weil es den Ton länger klingen lässt.
  • Dämpferpedal – weil es die Dämpfer von den Saiten hebt.

Doch was genau passiert beim Treten dieses Pedals? Normalerweise kehrt der Filzdämpfer nach dem Anschlag einer Taste zurück auf die Saiten und stoppt den Klang. Drückst du jedoch das Sustain-Pedal, hebt sich dieser Dämpfer – nicht nur für die gerade gespielte Taste, sondern für alle Saiten gleichzeitig. Dadurch können auch ungespielte oder zuvor angespielte Saiten frei mitschwingen.

Das Ergebnis? Reiche Harmonien, sanft fließende Akkordzerlegungen – oder, wenn du es übertreibst, ein verschwommener, verwaschener Klang. Setzt du das Pedal aber bewusst ein, verleiht es deinem Spiel mehr Tiefe, Ausdruck und Emotion. Deshalb wird es oft als „die Seele des Klaviers“ bezeichnet – ein Eindruck, den man besonders in Beethovens Mondscheinsonate erleben kann.


Das Piano-Pedal (Una Corda-Pedal, Halb-Pedal)

Im Gegensatz zum beliebten Sustain-Pedal steht das linke Pedal oft im Schatten – dabei hat es eine ganz besondere Funktion. Es sorgt dafür, dass das Klavier leiser und sanfter klingt, und das auf eine ziemlich clevere Weise.

Beim Treten des Pedals werden die Hämmer, die auf die Saiten schlagen, leicht nach rechts verschoben. Dadurch treffen sie weniger Saiten:

  • In den tiefen Lagen schlägt der Hammer statt zwei Saiten nur eine an – daher der Name „Una Corda“ (Ein-Saiten-Pedal).
  • In den höheren Lagen werden statt drei Saiten nur zwei angeschlagen.

Das verändert nicht nur die Lautstärke, sondern auch die gesamte Klangfarbe: Der Ton klingt weicher, sanfter und intimer – perfekt für ausdrucksstarke, zurückhaltende Passagen.


Moderator-Pedal oder Sostenuto-Pedal – das mysteriöse dritte Pedal

Nicht jedes Klavier hat drei Pedale. Und selbst wenn, bedeutet das nicht, dass das dritte Pedal immer dieselbe Funktion hat. Je nach Instrument handelt es sich entweder um ein Sostenuto-Pedal (häufig bei Flügeln) oder ein Moderator- bzw. Schalldämpfer-Pedal (bei manchen Pianinos).

Das Sostenuto-Pedal – gezieltes Halten einzelner Töne

Viele Flügel sind mit einem Sostenuto-Pedal ausgestattet, das ähnlich wie das Sustain-Pedal (Forte-Pedal) funktioniert – aber mit einem entscheidenden Unterschied:

  • Das Sustain-Pedal hebt die Dämpfer von allen Saiten.
  • Das Sostenuto-Pedal hebt die Dämpfer nur von den gerade gedrückten Tasten.

So kann man einzelne Töne oder Akkorde klingen lassen, während neue Töne normal gedämpft werden. Das ermöglicht besondere Klangfarben und komplexere Spieltechniken.

Das Moderator-Pedal – leiser üben mit Schalldämpfer

Bevor Digitalpianos mit Kopfhöreranschluss erfunden wurden, war das intensive Üben auf akustischen Klavieren für Nachbarn oft eine Herausforderung. Genau hier setzt das Moderator-Pedal an, das vor allem bei aufrechten Klavieren (Pianinos) zu finden ist.

Betätigt man dieses Pedal, legt sich ein langes Filztuch zwischen Hämmer und Saiten, wodurch der Klang deutlich gedämpft wird. Das reduziert die Lautstärke drastisch – auf Kosten der Klangqualität, aber zur Freude der Mitbewohner.

Ob gezielte Klanggestaltung mit dem Sostenuto-Pedal oder nachbarschaftsfreundliches Üben mit dem Moderator-Pedal – das dritte Pedal kann je nach Klavier eine ganz unterschiedliche Rolle spielen.


Pedaleinsatz und Noten

Natürlich kannst du das Pedal oft nach Gefühl einsetzen. Aber wenn Komponisten es in den Noten festschreiben, dann verwenden sie dazu Symbole wie in den folgenden drei Beispielen:

Notensymbol fürs Klavierpedal Variante 1

Hier siehst du, ebenso wie im nächsten Beispiel, auch die genaue Dauer, die du das Pedal drücken musst.

Notensymbol Klavierpedal Variante 2

Im nächsten Notationsbeispiel wird das Ende des Pedaleinsatzes durch ein * angezeigt.

Klavierpedal Notationssymbol Variante 3

2 häufige Pedal-Fehler

Fehler 1: Dauerhaftes Treten des Sustain-Pedals

Wer das Pedal durchgehend gedrückt hält („mit Bleifuß“ spielt), sorgt nicht für harmonisch fließende Klänge, sondern für ein undifferenziertes Klangchaos. Statt eines schönen Nachhalls verschwimmen die Töne ineinander – das kann selbst die beste Musik unklar und matschig klingen lassen.

Fehler 2: Zu lauter, unkontrollierter Pedaleinsatz

Das Pedal sollte deinen Klang bereichern, nicht selbst zur Geräuschquelle werden. Wer es temperamentvoll aufstampft oder unkontrolliert zurückschnalzen lässt, riskiert störende Nebengeräusche – vom hörbaren „Klick“ bis hin zu Quietschen oder Knarren.

4 Tipps für den richtigen Pedaleinsatz

1. Pedalstellen bewusst planen

Schon in der Analysephase eines Stücks solltest du überlegen, wo Akkorde wechseln und Tonarten modulieren. Notiere dir, wie lange du das Pedal jeweils halten möchtest. Falls deine Notenausgabe keine Pedalmarkierungen enthält, kannst du sie selbst ergänzen.

2. Andere Notenausgaben heranziehen

Nicht jede Notenausgabe enthält detaillierte Pedalmarkierungen – und manche Editionen unterscheiden sich in ihren Empfehlungen. Es kann hilfreich sein, verschiedene Ausgaben eines Stücks zu vergleichen, um unterschiedliche Interpretationen kennenzulernen. Besonders bei klassischen Werken lohnt es sich, Pedalhinweise von renommierten Herausgebern oder Pianisten zu studieren, um ein besseres Gefühl für den optimalen Einsatz zu bekommen.

3. Nimm dich selbst auf

Beim Spielen wirkt dein Pedaleinsatz oft ganz anders, als du ihn wahrnimmst. Eine Aufnahme hilft dir, objektiv zu hören, ob die Übergänge sauber klingen oder ob sich Töne ungewollt überlagern. Achte darauf, ob das Sustain-Pedal wirklich an den richtigen Stellen eingesetzt wird oder ob sich ein „Bleifuß-Effekt“ eingeschlichen hat. Mit regelmäßigen Aufnahmen kannst du dein Spiel gezielt verbessern und den Pedaleinsatz feiner abstimmen.

4. Der richtige Pedaleinsatz – Technik mit Feingefühl

Ein guter Pedaleinsatz ist nicht nur eine Frage des richtigen Moments, sondern auch der richtigen Technik. Mit kleinen Anpassungen kannst du störende Geräusche vermeiden und deinen Klang gezielt verfeinern.

  • Locker bleiben: Der linke Fuß ruht entspannt neben den Pedalen, während die Ferse des rechten Fußes immer auf dem Boden bleibt. So hast du volle Kontrolle über das Sustain-Pedal, ohne ruckartige Bewegungen.
  • Sanft dosieren: Das Pedal wird nicht abrupt getreten oder losgelassen, sondern mit einer geschmeidigen Bewegung betätigt. Statt mit dem ganzen Bein aufzutreten, drückst du das Pedal feinfühlig mit dem Vorderfuß.
  • Feine Abstimmung: Achte darauf, das Pedal präzise einzusetzen – weder zu früh noch zu spät. Eine gute Orientierung bietet das Hören auf harmonische Wechsel und die natürliche Klangentwicklung.
  • Bewusstes Training: Übe Passagen gezielt mit und ohne Pedal, um den Unterschied in Klang und Klarheit zu spüren. Besonders hilfreich: Nimm dein Spiel auf, um ungewollte Klangüberlagerungen aufzudecken.

Ein bewusst eingesetztes Pedal verleiht deinem Spiel mehr Ausdruck, Tiefe und Eleganz – und mit der Zeit wird die richtige Technik ganz automatisch in Fleisch und Blut übergehen.

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