Clair de Lune: Debussys Klaviermagie aus Mondlicht & Synkopen

von Elke Galvin Mai 16, 2024 • 6 Min. Lesezeit
Ergründe die musikalischen Geheimnisse hinter Claude Debussys impressionistischem Meisterwerk "Clair de Lune". Lerne mehr über die Entstehung und Hintergründe verstehen und finde Noten sowie Hörbeispiele!
Mond, Licht & Wasser sind die magischen Zutaten von Claude Debussys Meisterwerk "Clair de Lune". Alles über die musikalischen Zutaten für Klavier erfährst du hier in einer ausführlichen Hinführung und Analyse, mit Takt-für-Takt-Erklärungen, Hörbeispielen und Noten in zwei Schwierigkeitsgraden. Auch die Noten für die gesamte "Suite Bergamasque" findest du hier - tauche ein in den Zauber von Debussys impressionistischer Welt und erziele ein tieferes Verständnis für dieses wunderschöne Stück.
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Claude Debussy & der Impressionismus

In der Malerei schufen Künstler wie Monet, Degas oder Renoir in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezaubernde impressionistische Gemälde, die Eindrücke aus Licht, Schatten, Atmosphäre in farbenfrohen Momentaufnahmen festhielten.

In der Musik hielt der Impressionismus etwas später Einzug, dafür reichte er bis ins 2. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Claude Debussy war einer der Hauptvertreter der impressionistischen Strömung in der Musik. Er wollte durch seine Kompositionen Klangwelten erschaffen, die die Zuhörer in eine bestimmte Stimmung versetzen, bezaubern, mit musikalischen Mitteln ein Klangbild “malen”. Dabei durchbrach er bewusst formale Strukturen - wichtig war, dass das Stück das ausdrückte, was es ausdrücken sollte - im Fall von "Clair de Lune" ein Zusammenspiel von Mondlicht und Wasser. Beeinflusst vom Impressionismus waren u.a. auch die Komponisten Maurice Ravel, Isaac Albeniz, Giacomo Puccini, Alexander Skriabin oder Richard Strauss.

Clair de Lune

Der vertonte Mondschein

Der Mondschein ist bis heute ein beliebtes Motiv in der Musik. Da fällt einem sofort etwa die berühmte Mondscheinsonate von Beethoven ein. Dieser hatte sein Stück allerdings selbst nie so genannt und auch nie behauptet, er hätte damit den Mondschein beschrieben. Robert Schumanns “Mondnacht” oder Matthias Claudius’ “Der Mond ist aufgegangen” verwenden Lyrik, um den Zauber einer Mondnacht zu beschreiben. Debussy - und das ist neu - drückt diesen Zauber nur mit musikalischen Mitteln aus.


Inspirieren ließ sich Debussy allerdings sehr wohl, und zwar 1890 durch dieses Gedicht Paul Verlains zu seiner vierteiligen Suite Bergamasque, deren 3. Teil "Clair de Lune" ist.

Poetische Inspiration durch Verlaine

Mondschein

So seltsam scheint mir deine Seele, wie

ein Park, durch den ein Zug von Masken flimmert,

doch Tanz und ihrer Lauten Melodie

verbirgt nur Schmerz, der durch die Masken schimmert.

Von Liebe singen sie, bespöttelnd ihr Geschick,

doch Mollklang macht das lose Klimpern trüber,

es scheint, sie glauben selbst nicht an ihr Glück,

und leise rinnt ihr Lied in Mondschein über.

Im Mondschein, der, sanfttraurig, blass und blank,

die Vögel träumen läßt hoch in den Bäumen

und schluchzen die Fontänen, dass sie schlank

und schauernd in die Marmorschalen schäumen.

Übersetzung: Stefan Zweig

Originale & easy "Clair de Lune"-Noten für Klavier

Auf OKTAV findest du hier die Bärenreiter Urtext Edition des Stücks vor (Level 60). Ebenso sind sehr gut klingende vereinfachte Versionen (bereits ab Level 37) erhältlich, bei denen hauptsächlich die Begleitung der linken Hand auf das Wesentliche reduziert wurde.


"Clair de Lune" musiktheoretisch erklärt

Tipp zum Aufwärmen: Spiele einige Male die Des-Dur-Tonleiter und die Cis-Moll-Tonleiter.

Tonart, lautmalerische Töne & Modulationen

Achte auf diese Feinheiten in der Komposition:

  • Die Originaltonart von "Clair de Lune" ist in Des-Dur. Viele Klavierspieler halten diese Tonart aufgrund der 5 Erniedrigungszeichen für schwierig, denn alle schwarzen Tasten sind einzusetzen. Das kann beim Notenlesen anfangs gewöhnungsbedürftig sein. Aber spieltechnisch liegt die Tonart mit etwas Übung angenehm.
  • Debussy liebt die klangliche Kombination von Des und Asin der linken Hand. Sie entspricht für ihn der optimalen musikalischen Darstellung einer spiegelglatten Wasseroberfläche. Er setzt sie auch in anderen Komposition gern im wahrsten Wortsinn lautmalerisch ein.
  • In manchen Passagen, etwa ab Takt 6 bis zur Wiederholung des Anfangs hat das Stück u.a. durch die Verwendung von Septakktorden eine fast jazzige Qualität.
  • In den Takten 37 bis 42 moduliert das Stück nach Cis-Moll. Cis-Moll ist die enharmonische Molltonart zu Des-Dur, daher kreist der tonale Schwerpunkt des Stücks weiterhin beständig und 4 Oktaven umspannend um das Des/Cis sowie um das As. Sehr gut siehst du das z.B. gleich danach ab Takt 43, wenn es "Calmato" heißt, also "ruhiger werdend". Hier ist das As der kalmierende Ankerton in der linken Hand.
  • Das ganze Stück hindurch "versteckt" Debussy immer wieder vollständige Tonleitern in der linken Hand unter Akkorden und Arpeggios. Lerntipp: Bevor du das Stück spielst, suche diese versteckten Tonleitern und streiche sie dir an.

Takt, Tempo & Rhythmus

"Clair de Lune" steht im 9/8-Takt. Diesen zählst du ähnlich wie einen 3/4-Takt, nur eben mit drei Dreiergruppen Achtelnoten statt mit drei Viertelnoten. Zu beachten sind weiters die Betonungen - es lohnt sich, genau zu zählen. Zum Beispiel beginnt das Stück nicht auf dem ersten Schlag, sondern unbetont gleich danach. Auch in Folge reichen die Noten zumeist in den nächsten Takt hinein. Diese ständige Synkopierung trägt dazu bei, dem Stück von Beginn an eine schwebende, traumhafte, unwirkliche Note zu verleihen.

9/8-Takt

In Bezug auf das Tempo lässt Debussy den Klavierspielenden einige Freiheit - wichtig ist ihm, dass "trés expressiv" gespielt wird, also möglichst ausdrucksstark.

Ausdrucksanweisungen und Intonation

Entsprechend wichtig sind die Lautstärke- und Ausdrucksanweisungen, die Debussy vorsieht. Das Stück beginnt "con sordina", also mit Dämpfereinsatz. Ab Takt 15 gibt er die Anweisung, "rubato" zu spielen, also mit Ausdruck zu phrasieren. Die ab nun aufeinander folgenden, sich in Variationen wiederholenden Phrasen steigern sich in Fläche und Lautstärke bis zu den Glissandi in Takt 25, in denen das Stück deutlich leiser wird. "Un poco mosso", also deutlich flotter, folgt nun der intensive Arpeggio-Teil, bis in Takt 50, zart und leise, das anfängliche Motiv wiederkehrt. Ab Takt 66 kehren die finalen Arpeggios wieder - spiele sie "morendo", also "ersterbend" leiser werdend, bis zum Schluss.

Achte im ganzen Stück darauf, dass du mit der linken Hand zart und gleichmäßig begleitest und die Bass-Akkorde sehr kontrolliert, niemals laut oder derb, anschlägst. Es ist ein Charakteristikum von Debussy, dass er seine Motive erst zart in gefälligen Terzen erklingen lässt, und in Variationen und Wiederholungen nach und nach in reichhaltige Texturen und immer dichtere Akkordstrukturen verwebt.


Empfohlene weitere Interpretationen

Wenn du dich auf das Spielen eines Stückes wie "Clair de Lune" vorbereitest, ist es sehr vorteilhaft, dir verschiedene Interpretationen auf sehr hohem Niveau anzuhören und genau auf die Unterschiede und Feinheiten der einzelnen Spielweisen zu achten. Hier einige Vorschläge:

  • Pascal Rogé: die Interpretation des französischen Klavier-Stars
  • Evgeny Kissin: Sehr weiche, gefühlvolle Interpretation des russischen Genies
  • Paul Barton: Spannende Interpretation des britischen Konzertpianisten, der zugleich Maler ist.
  • Daniel Barenboim: Erst eine Einführung des israelischen Maestro und Klaviervirtuosen, dann trägt er das Stück vor

Hat dir diese Erklärung zu Claude Debussys "Clair de Lune" gefallen?

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AUTORIN
Elke Galvin
Elke Galvin ist britisch-österreichische Sängerin und Multiinstrumentalistin. Sie arbeitet seit über 25 Jahren sowohl als Musikerin als auch als Journalistin. Sie ist nicht nur Songwriterin, sondern liebt es auch, über Musik zu schreiben! Ihre Leidenschaft ist es, Musiktheorie leicht verständlich zu machen, über Musikstile zu schreiben, über Musik und das Gehirn, und darüber, wie man Spaß am Lernen und Spielen von Musik hat.

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